Barcelona 2002-04-01

Wir nahmen die Metro Linie 01 nach Barcelonetta. Maria, Fernando und ich
wollten an den strand an diesem zweiten sonnigen tag in dieser fantastischen
Stadt. Wir sind jetzt 4 tage in Barcelona, den ersten sonnentag haben wir
verpennt, und heute war premiere.

Ein kleiner Junge, vielleicht 11, stand uns in der Bahn mit seinen zwei
freunden, beide aelter, gegenueber, sie redeten ueber fussball, soviel
konnte ich verstehen... der kleine fand, irgendein torwart einer mannschaft
sei “puta madre”, “mutter einer hure”, was hierzulande soviel heisst wie
“scheisse gut” . Die drei waren laut, aber gluecklich...

Erst jetzt bemerkte ich eine Frau zu meiner linken, mitte 50, grau,
gepflegt, steif vielleicht, sie sagte etwas zu dem Jungen. Ihr gefiel
offensichtlich weder seine ausdrucksweise, noch gefiel ihr die art der
deponierung seines kaugummies am Sitz neben ihm. Den Jungen kuemmerte die
alte wenig, er griff sich an die eier, und drehte sich wieder zu seinen
freunden. Aber die alte Frau liess nicht locker, wurde immer lauter und zog
nun schon die Aufmerksamkeit des halben Abteils auf sich. Worueber genau sie
sich weiter aufregte kann ich schlecht sagen, aber sie provozierte den
Jungen, sie riss ihn immer wieder aus seinem gespraech, und er wahr
sichtlich genervt, er antwortete jedesmal mit einem spanischen ausdruck fuer
scheisse und hure sowie mit gleichgueltigkeit.. Die alte forderte den Jungen
immer wieder auf: “komm doch her, dann zeig ich dir was”, und griff dabei in
ihre handtasche. Der junge wurde sauer: “was willst du denn von mir, alte ?

Ihre hand war schon draussen als der junge einen schritt vortrat. Sie ging
auf ihn zu und als sie vor ihm stand, zischte es. Sie hielt eine Dose
Reizgas ca. 2-3 sekunden in das gesicht des voellig ueberaschten jungen, der
im weissen dunst verschwand.

Der Junge schrie, und voellig fassungslos regte sich ein paar sekunden um
uns herum gar nichts... bis alle, die im falschen moment eingeatmet hatten,
ploetzlich zu husten anfingen, viele schnappten nach luft und da begriff
dann auch der letze, dass das ganze Abteil sich jetzt langsam mit Reizgas
fuellte und draengte schreiend in den vorderen teil des Wagons. Fernandos
Augen faerbten sich rot, Maria hielt sich die Hand vor Mund und Nase, ich
sah fassungslos auf die alte Frau vor mir...Ich weiss gar nicht mehr, wie
oft ich “scheisse” gesagt hab, es wahr jedenfalls ein scheiss glueck, dass
die bahn gerade in die naechste station einfuhr und die tueren sich
oeffneten...ich hielt immer noch die Luft an... presste meine augen zu und
schob die alte Frau nach draussen...

Alle stroemten in die vordere bahn, aber die fuhr natuerlich nicht weiter.
Man stelle sich vor man steigt in einen leeren wagon ein, die tueren
schliessen sich und dann fangen die augen an zu traenen und man kann nicht
mehr atmen, geile scheisse...

Ich suchte die frau, nannte sie “crazy”, und wuenschte mir sie waere ein
mann in meinem alter...machte also nur ein foto...der junge tauchte wieder
auf...mit riesigen traenensaecken...voellig fertig...heulend... stellte sich
einfach vor sie und fragte “warum?”

Die alte zueckte wieder ihr traenengas und wir schrien sie an, wir schrien
einfach...ich raffte wirklich gar nichts mehr... ich zeigte auf die tuer und
meinte sie solle sich verpissen...ich glaub sie verstand was ich meinte,
aber sie wollte offensichtlich weiterfahren und schuettelte den
kopf...andere hielten den jungen und seine freunde von der frau fern...die
drei freunde wahren voellig aufgeloest und machten verstaendlicherweise
keinen freundlichen eindruck auf den dazukommenden zugfuehrer...

Der Zugfuehrer hielt die drei jungen an sich zu verpissen, solang die bullen
noch nicht da waeren, nahm die frau in schutz und mit sich in das
fahrerabteil und fuhr mit ihr alleine weiter...keiner mischte sich wirklich
ein, verteidigte die jungen, oder versuchte dem zugfuehrer klarzumachen, was
wirklich passiert war. Wahrscheinlich fuhr die bahn zur naechsten station,
wo die frau ihre version den bullen auftischte, dass ein Strassenjunge sie
bedroht haette, oder ihr etwas haette stehlen wollen. Und keinen arsch
kuemmerte die wahrheit...

Wir standen fassungslos am bahnsteig und ich verfluchte mein scheiss
spanisch, aber waere ich mitgefahren, waer ich wahrscheinlich noch wegen
falschaussage verhaftet worden.

Die Kriminalitaetsrate Barcelonas blieb heute konstant, ist gestiegen oder
gefallen, und irgendwas ist hier tierisch schief gelaufen...

Jetzt sitze ich hier in einer lieben WG in Barcelona und frage mich, ob
meine Augen der Sonne wegen, oder dank der alten Frau brennen, auf jeden
fall hab ich tierisch sonnenbrand.



Viva la revolución.

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mfg alec


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